was analoge kompressoren besser machen

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JP_
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Re: was analoge kompressoren besser machen

Beitrag von JP_ »

hugoderwolf hat geschrieben:
alexander hat geschrieben:
hugoderwolf hat geschrieben:Analog Modeling ist leider keine geschützte Herkunftsbezeichnung. Was mancher Hersteller unter dem Schlagwort anbietet, grenzt an Betrug. :mrgreen:
Bitte um Info: Welche(r) Hersteller?
Nee lass ma. Da ich in der Sache nicht ganz neutral bin möchte ich nicht allzu sehr schmutzige Wäsche waschen.
JP_ hat geschrieben: Super-Interessant! Magst du das, auch wenns nicht unmittelbar zum Thema passt, etwas ausführen. ich bin sicherlich eher unbedarft was digitale Audiobearbeitung angeht, vertrau da aber meinen Tests und meine ohren und hab da ziemlich viele offene Fragen. Etwas Licht ins Dunkel fände ich dufte. :)
Ein besonders griffiges Beispiel sind wahrscheinlich die typischen IIR-Filter zweiter Ordnung (Biquads) die man praktisch überall braucht (nicht nur in EQs). Die Umsetzung nach Lehrbuch die auch nach wie vor am verbreitetsten ist, kann je nach Zahlenformat recht ungünstige Rundungsprobleme haben und verhält sich auch bei Modulation der Parameter ziemlich ungünstig. Das war zwar durchaus schon immer bekannt, wurde aber möglicherweise längere Zeit unterschätzt, insbesondere im float-Bereich. Ich selbst hab neulich nicht schlecht über den Noisefloor gestaunt, den Plan A zu produzieren imstande ist. Das Problem ist, dass es schwer zu hören ist, insbesondere bei einem einzelnen Filter, weil der Fehler mit dem Signal korreliert ist. In einem kompletten Mix kann ich mir aber vorstellen, dass es einen sehr großen Unterschied macht. Da wollte ich gerne mal einen Test machen.erdings

Ich hab hier neulich mal versucht, die typischen Probleme und Stolperfallen bei digitalen EQ-Filtern aufzuzeigen, das ist hierzu sicher interessant:
http://www.redsharksound.com/music-tech ... tal-part-1
http://www.redsharksound.com/music-tech ... tal-part-2
Gilt das nur IIR? Wie sieht das bei FIR aus?
Mir sind hier bei zwei verschiedenen IIR-EQs Artefakte aufgefallen, vor allem in den oberen Mitten/unteren Höhen, selbst wenn in diesen Bereichen überhaupt keine EQ-Bänder aktiv waren. Ich nenne es mal "digital haze", eine Art krisseligen Grauschleier, der zur Harschheit und/oder zu einer Verschmierung von Impulse führt, was wiederum zu einer flachen Räumlichkeit führt (was ich hier schon als Plastiksound bezeichnet hab). Klanglich gar nicht so unähnlich zu Jitter oder truncation distortion.
Im analogen Bereich gibt es allerdings ähnliche Phänomene (ich vermute insbesondere durch Einstreuungen, anderesgenauso komplexes Thema), evt. wird solche Artefakte deswegen eher akzeptiert.
Passt das zusammen?
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hugoderwolf
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Re: was analoge kompressoren besser machen

Beitrag von hugoderwolf »

FIR ist unkritisch, das Problem hängt mit der Rekursion bei IIR bzw eher noch den ungünstigen dynamikverhältnissen in diesen strukturen zusammen.

Ich bin ganz ehrlich: ich weiß nicht wie es klingt. Habe es nur mit einzelnen filtern getestet und dabei überraschend schlechte performance festgestellt (messtechnisch). Hörbar war der unterschied in dem fall zunächst nicht. Den wirklich praxisbezogenen hörtest habe ich noch nicht gemacht. Aber in einem mix mit mehreren eq-bändern pro track wird es sicher relevant.
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Re: was analoge kompressoren besser machen

Beitrag von JP_ »

Ich habs im Mastering mit einem aktiven EQ-Band endeckt bzw bei einem Blindtest (davon ausgehend das wir vom gleichen Phänomen sprechen). Evt. war das Material prädestiniert dafuer. Bei Zeiten mach ich mal weitere Tests.
Hast du Messwerte dafür, fänd ich spannend. Gerne auch per PM.
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hugoderwolf
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Re: was analoge kompressoren besser machen

Beitrag von hugoderwolf »

Nicht von mir, aber auf Grund dieser Messungen von Andy Simper hab ich es selbst nochmal nachvollzogen:
http://cytomic.com/files/dsp/SVF-vs-DF1.pdf

Man muss dazu sagen, dass man das Problem recht leicht durch berechnung in double-precision in den griff bekommen kann. Oder halt durch gutmütigere filterstrukturen. Sehr viele EQs werden das sicher auch machen.

Hab den Test wie gesagt nur mit recht künstlichem Material gemacht und nicht sehr gründlich.

Mit was hast du beim Blindtest denn verglichen? Man braucht ja einen EQ zum Vergleich der bis auf solche von außen nicht einsehbaren details genau das gleiche macht.
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felusch
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Re: was analoge kompressoren besser machen

Beitrag von felusch »

Hallo Christian,
ich hab mir das jetzt alles durchgelesen und ich glaube nur ansatzweise verstanden.
Du sagst digitale Filter produzieren wie alle digitalen Bearbeitungen Quantisierungsverzerrungen die messtechnisch durch Subtraktion mit einem perfekten Prozess (nach einer Definition die ich nicht kenne/verstehe, die aber auch keine Rolle für die weitere Betrachtung spielt) nachgewiesen werden indem ein Rauschspektrum gemessen wird. Dieses Rauschspektrum (Amplitudenfrequenzgang) dient nur zum messtechnischen Nachweis, da anders als bei analogen EQ ...die wirklich rauschen und sich dieses real existierende Spektrum mit dem Nutzsignal überlagert zu einem Signal-Rauschabstand führt. Bei den Quantisierungsverzerrungen und dem messtechnisch abgeleiteten Rauschspektrum handelt es sich aber im Gegenteil zum analogen um ein mit dem Nutzsignal korrelierten Fehler, d.h. das Nutzsignal wird verzerrt ...in der Amplitude. Dieser Fehler ist nicht als Rauschen wahrnehmbar. Die Fehler addieren sich durch Multiplikation der Prozesse.

So nun gibt es noch mehrere Transformations und Berechnungsmethoden die unterschiedliche Fehler Produzieren bei der Betrachtung der Messungen. Welche Methode für welche Prozesse besser geeignet ist wurde nicht erwähnt. Ebenso ob sich diese bei fix und float Berechnung unterscheiden. Die klangliche Auswirkung ist unbekannt es handelt sich hier "nur" um messtechnische Nachweise.

Hab ich das tendenziell richtig verstanden?
Ich würde mich über eine Korrektur freuen.

Danke für Deine Mühe und die Artikel!

Gruss
Bodo
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Re: was analoge kompressoren besser machen

Beitrag von JP_ »

hugoderwolf hat geschrieben:
Mit was hast du beim Blindtest denn verglichen? Man braucht ja einen EQ zum Vergleich der bis auf solche von außen nicht einsehbaren details genau das gleiche macht.
Das Phänomen war nicht Grund für den Blindtest, sondern nur Begleiterscheinung. Mit Handfestem kann ich daher leider nicht dienen.
Eine ähnliche Beobachtung hatte ich beim Mastering, auch mit einem IIR-EQ-PlugIn, gemacht; ein 6dB-Hochpass bei ca. 20Hz hat das Material in den Hochmitten/Höhen leicht harsch gemacht. Vorher war mir das, zumindest so deutlich, nie aufgefallen. Das Musik-Material hat das wohl unterstützt.
Das FIR hier ein Heilsbringer ist, muss man ja leider auch in Frage stellen. Alles in allem bleibt bei mir momentan ein leicht bitterer Beigeschmack hängen, was digitales EQing angeht. Unabhängig von den allgemein bekannten Problemen um die Nyquist-Freq herum, zu denen es ja auch unterschiedliche Lösungsansätze gibt.

Was meinst du mit "gutmütigeren Filterstrukturen"? Double precision (64Bit?) ist ja eigentlich standard. In meinem Fall waren beide PlugIns sicherlich nicht mit älteren Algos ausgestattet und auch recht neu am Markt.
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hugoderwolf
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Re: was analoge kompressoren besser machen

Beitrag von hugoderwolf »

FIR ist mit Sicherheit kein Heilsbringer. Die geringeren numerischen Probleme erkauft man sich da mit Ripple im Frequenzgang. Hinzu kommt dass FIR in der Praxis meist gleichbedeutend mit Linearphasigkeit ist, und das ist auch häufig nicht was man wirklich will. Nichtlineare Phasengänge sind etwas ganz Natürliches, in den meisten Fällen braucht man sich da nicht in die Hose zu machen. Aber es gibt leider eine recht verbreitete "Phasenangst".

Bei den verlinkten Geschichten ging es auch um 20 Hz Hochpässe. Bei Hochpässen mit niedriger Grenzfrequenz treten tatsächlich auch die meisten Probleme auf. Die Artefakte sind aber normalerweise eher auch niederfrequenter Natur (also eher Rumpeln als irgendwas in den Höhen). Was du da gehört hast könnte also auch was ganz anderes sein.

Double precision ist die (durchaus wirksame) Standardwaffe um sowas in den Griff zu bekommen, aber ich würde bezweifeln, dass das wirklich brav jeder macht. Eine andere Alternative, die auch bei single precision gut funktioniert und zudem deutlich besser mit Modulation klarkommt wären State Variable Filter.

@felusch: Ja, das ist so grob die Essenz. Das Problem ist, dass unbeabsichtigte Störsignale (wie bei Quantisierung) nur auftreten, wenn ein Nutzsignal vorhanden ist. Ich würde auch nicht sagen, dass die klanglichen Auswirkungen grundsätzlich unbekannt sind, aber ich persönlich habe den Test einfach noch nicht gemacht, bei dem es wirklich klar hörbar wird. Dafür muss man halt den Kram selber programmieren und in einem praxisgerechten Szenario einsetzen um wirklich vergleichen zu können. Mit Blackboxes unbekannten Innenlebens weiß man nie, was sonst noch problematisch sein könnte. Manchmal sind es auch einfach nur ganz blöde Bugs, die sich subtil auswirken.

Evtl. ist z.B. einfach mal irgendwo Oversampling im Spiel, da ist es recht leicht, sich nur um ein µ zu vertun und plötzlich hat man sehr subtile Artefakte an der Backe, die nur bei sehr genauem Hinhören mit geeignetem Testmaterial auffallen.
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Re: was analoge kompressoren besser machen

Beitrag von JP_ »

Ripple im Freqgang würde ich hörtechnisch spontan weniger Bedeutung zumessen als Quantisierungsverzerrungen. Erstere sind halt messtechnisch viel leichter nachzuweisen.
Damit das alles Hand und Fuss bekommt, müsste man ausgesuchte Messreihen mit Hörversuchen kombinieren. Sicher nicht ganz einfach.
Dazu kommen, wie du sagst, ja auch wieder zusätzliche Artefakte anderer eingesetzter Prozesse, die den Blick auf Ursachen verwischen.
Auch Hörmässig wird nicht immer das saubere Signal bevorzugt, manche bevorzugen bspw. Aliasingartefakten ggüber Oversamplingartefakten (klingt so frisch in den Höhen...).
Fazit für mich ist aber; einen sauberen digitalen Filter gibts nicht (klar, auch Analog nicht, wobei ich deren Artefakte durch die Bank weg als "Ohrenfreundlicher bezeichnen würde). Ein häufig geführtes Argument sind ja die sog Hörschwellen. Viele Artefakte intermodulieren aber mit dem Signal und können je nach dem hörbar sein, trotz eher niedrigem Pegel. Dither ist dafür ein Beispiel.
Bugs sind ein anderes Thema, das man als Nichtentwickler, gar nicht im Blick haben kann. Alles in allem, hab ich nach wie vor das Gefühl die digitale Audiobearbeitung steckt nach wie vor ordentlich in den Kinderschuhen und deren Entwickler sind auch häufig wenig offen dafür abseits bekannter theoretischer Modelle zu agieren. Viele Anwender haben sich auch schlicht an die Artefakte gewöhnt und der Vergleich zu einem sauberen analogen Signal fehlt auch oft (auch Anwendern analoger Gerätschaften). Schlussendlich gehts ja eigentlich immer wieder durch das Nadelöhr Abhör-DA (wobei wir wieder beim Thema Filter sind) zur Beurteilung, von den digitalen Filtern in den Abhören gar nicht zu sprechen...
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hugoderwolf
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Re: was analoge kompressoren besser machen

Beitrag von hugoderwolf »

JP_ hat geschrieben: Fazit für mich ist aber; einen sauberen digitalen Filter gibts nicht (klar, auch Analog nicht, wobei ich deren Artefakte durch die Bank weg als "Ohrenfreundlicher bezeichnen würde). Ein häufig geführtes Argument sind ja die sog Hörschwellen. Viele Artefakte intermodulieren aber mit dem Signal und können je nach dem hörbar sein, trotz eher niedrigem Pegel. Dither ist dafür ein Beispiel.
Wenn es hörbar ist, überschreitet es definitionsgemäß auch eine Hörschwelle. Davon gibt es halt nicht nur eine. Du suggerierst immer gerne, dass über 200 Jahre Audiometrie mehr oder weniger ergebnislos geblieben sind und man immer noch keinen blassen Schimmer davon hat, was hörbar ist und was nicht.

Ein Dithersignal bspw. kann unterhalb der Hörschwelle liegen und trotzdem einen Einfluss haben, weil es Artefakte entfernt, die (unter Umständen) über eine Hörschwelle hinausragen können.
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Re: was analoge kompressoren besser machen

Beitrag von JP_ »

hugoderwolf hat geschrieben:
JP_ hat geschrieben: Fazit für mich ist aber; einen sauberen digitalen Filter gibts nicht (klar, auch Analog nicht, wobei ich deren Artefakte durch die Bank weg als "Ohrenfreundlicher bezeichnen würde). Ein häufig geführtes Argument sind ja die sog Hörschwellen. Viele Artefakte intermodulieren aber mit dem Signal und können je nach dem hörbar sein, trotz eher niedrigem Pegel. Dither ist dafür ein Beispiel.
Wenn es hörbar ist, überschreitet es definitionsgemäß auch eine Hörschwelle. Davon gibt es halt nicht nur eine. Du suggerierst immer gerne, dass über 200 Jahre Audiometrie mehr oder weniger ergebnislos geblieben sind und man immer noch keinen blassen Schimmer davon hat, was hörbar ist und was nicht.

Ein Dithersignal bspw. kann unterhalb der Hörschwelle liegen und trotzdem einen Einfluss haben, weil es Artefakte entfernt, die (unter Umständen) über eine Hörschwelle hinausragen können.
Naja, ich wollt ja eben sagen, dass das mit der Definition der Hörschwelle nicht so einfach ist.
Dither ist auch bei Kollegen immer noch underrated. Viele verwechseln auch gerne analoges Rauschen (von der Aufnahme) und Dither, und meinen man könne eins mit dem anderen austauschen. Ich dachte das auch jahrelang und musste mir meine "Erkenntnisse" hart erarbeiten, und muss das noch immer. Hörschulung ist halt vor allem Training.
Ansonsten provozier ich halt auch mal gerne mit nem Spruch, nicht sooo ernst nehmen. :mrgreen:

Vieles an hörmässigen Artefakten fällt halt auch erst auf, wenn es jmd mal besser macht als die übrigen. Mir sind im letzten Jahr so viele seltsame Artefakte in, auch sehr renommierter, Audiosoftware aufgefallen, dass man sich schon fragt, was die Entwickler da eigentlich treiben. Andererseits fällts aber auch Kollegennicht unbedingt auf.
ZB warum eine auf 16Bit geditherte Datei in vielen Programmen faktisch schlechter klingt als der 24Bit Pendant. Nach Lehrbuchmeinung unterscheidet sich doch nur das Noiselevel (was bei fades etc. auffällig werden kann), manche Programme machen das ja auch korrekt.
Ich hatte da neulich eine interessante Konversation mit Bob Katz drüber, der war aber auch für mich der erste, dermir die Beobachtung bestätigt hat. Mit vielen Dingen kannst du auch gar nicht an die Öffentlichkeit, ohne Bob Katz zu heissen, ohne als Esospinner dazustehen. Macht eine Weiterentwicklung auch nicht gerade leichter...
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hugoderwolf
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Re: was analoge kompressoren besser machen

Beitrag von hugoderwolf »

JP_ hat geschrieben: Dither ist auch bei Kollegen immer noch underrated. Viele verwechseln auch gerne analoges Rauschen (von der Aufnahme) und Dither, und meinen man könne eins mit dem anderen austauschen. Ich dachte das auch jahrelang und musste mir meine "Erkenntnisse" hart erarbeiten, und muss das noch immer. Hörschulung ist halt vor allem Training.
Ansonsten provozier ich halt auch mal gerne mit nem Spruch, nicht sooo ernst nehmen. :mrgreen:
Kein Problem, ich seh's sportlich und frotzel ja auch gerne etwas zurück. Ohne etwas Dissens kommt ja auch nichts Gescheites dabei rum. ;)

Analoges Rauschen kann durchaus die Funktion von Dither erfüllen, muss es aber nicht. Vor Allem muss es genug Pegel haben um zu funktionieren. Richtiges Dithering ist praktischerweise dahingehend besser steuerbar bzw. "ideal", da es das "leiseste" Rauschen darstellt, das das zu lösende Problem noch löst.
JP_ hat geschrieben: Vieles an hörmässigen Artefakten fällt halt auch erst auf, wenn es jmd mal besser macht als die übrigen. Mir sind im letzten Jahr so viele seltsame Artefakte in, auch sehr renommierter, Audiosoftware aufgefallen, dass man sich schon fragt, was die Entwickler da eigentlich treiben. Andererseits fällts aber auch Kollegennicht unbedingt auf.
ZB warum eine auf 16Bit geditherte Datei in vielen Programmen faktisch schlechter klingt als der 24Bit Pendant. Nach Lehrbuchmeinung unterscheidet sich doch nur das Noiselevel (was bei fades etc. auffällig werden kann), manche Programme machen das ja auch korrekt.
Ich hatte da neulich eine interessante Konversation mit Bob Katz drüber, der war aber auch für mich der erste, dermir die Beobachtung bestätigt hat. Mit vielen Dingen kannst du auch gar nicht an die Öffentlichkeit, ohne Bob Katz zu heissen, ohne als Esospinner dazustehen. Macht eine Weiterentwicklung auch nicht gerade leichter...
Bob Katz gehört zu den wenigen, die sich wirklich intensiv mit dem Grenzbereich der Technik beschäftigen und dabei nicht ungenau werden oder vorzeitig ejakulieren. Der Mann hat daher größten Respekt verdient. Leider ist die Grenze zum Esospinner nicht so klar erkennbar wenn man sich nicht intensiv damit beschäftigt. Der Unterschied ist, dass ein Esospinner aufhört zu graben, sobald seine Weltsicht ausreichend bestätigt ist (und verbleibende Widersprüche und Unklarheiten geflissentlich verschweigt). Bei denen ist das Primärziel entweder der Verkauf von überteuertem Equipment oder die glaubwürdige Darstellung ihrer eigenen Superiorität, nicht die Antwort auf die große Frage nach dem Leben, dem Universum und überhaupt Allem. ;)
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Re: was analoge kompressoren besser machen

Beitrag von JP_ »

hugoderwolf hat geschrieben:
JP_ hat geschrieben: Dither ist auch bei Kollegen immer noch underrated. Viele verwechseln auch gerne analoges Rauschen (von der Aufnahme) und Dither, und meinen man könne eins mit dem anderen austauschen. Ich dachte das auch jahrelang und musste mir meine "Erkenntnisse" hart erarbeiten, und muss das noch immer. Hörschulung ist halt vor allem Training.
Ansonsten provozier ich halt auch mal gerne mit nem Spruch, nicht sooo ernst nehmen. :mrgreen:
Kein Problem, ich seh's sportlich und frotzel ja auch gerne etwas zurück. Ohne etwas Dissens kommt ja auch nichts Gescheites dabei rum. ;)

Analoges Rauschen kann durchaus die Funktion von Dither erfüllen, muss es aber nicht. Vor Allem muss es genug Pegel haben um zu funktionieren. Richtiges Dithering ist praktischerweise dahingehend besser steuerbar bzw. "ideal", da es das "leiseste" Rauschen darstellt, das das zu lösende Problem noch löst.
aber nicht, wenns nur einfach vorher schon auf der Aufnahme war.
JP_ hat geschrieben: Vieles an hörmässigen Artefakten fällt halt auch erst auf, wenn es jmd mal besser macht als die übrigen. Mir sind im letzten Jahr so viele seltsame Artefakte in, auch sehr renommierter, Audiosoftware aufgefallen, dass man sich schon fragt, was die Entwickler da eigentlich treiben. Andererseits fällts aber auch Kollegennicht unbedingt auf.
ZB warum eine auf 16Bit geditherte Datei in vielen Programmen faktisch schlechter klingt als der 24Bit Pendant. Nach Lehrbuchmeinung unterscheidet sich doch nur das Noiselevel (was bei fades etc. auffällig werden kann), manche Programme machen das ja auch korrekt.
Ich hatte da neulich eine interessante Konversation mit Bob Katz drüber, der war aber auch für mich der erste, dermir die Beobachtung bestätigt hat. Mit vielen Dingen kannst du auch gar nicht an die Öffentlichkeit, ohne Bob Katz zu heissen, ohne als Esospinner dazustehen. Macht eine Weiterentwicklung auch nicht gerade leichter...
Bob Katz gehört zu den wenigen, die sich wirklich intensiv mit dem Grenzbereich der Technik beschäftigen und dabei nicht ungenau werden oder vorzeitig ejakulieren. Der Mann hat daher größten Respekt verdient. Leider ist die Grenze zum Esospinner nicht so klar erkennbar wenn man sich nicht intensiv damit beschäftigt. Der Unterschied ist, dass ein Esospinner aufhört zu graben, sobald seine Weltsicht ausreichend bestätigt ist (und verbleibende Widersprüche und Unklarheiten geflissentlich verschweigt). Bei denen ist das Primärziel entweder der Verkauf von überteuertem Equipment oder die glaubwürdige Darstellung ihrer eigenen Superiorität, nicht die Antwort auf die große Frage nach dem Leben, dem Universum und überhaupt Allem. ;)[/quote]
Die kennt man doch... (rtfm)
Als Audioscvhaffender ist das Graben aber auch nur begrenzt nützlich, kostet Zeit und somit Geld. Und ob man irgendwo ankommt, weiss man auch nicht. Von dem nimmt man manches als gegeben hin und vermeidet es in Zukunft bei der täglichen Arbeit. Viel mehr bleibt einem ja auch nicht übrig. Die Suche nach mangellos funktionietenden Werkzeugen ist ja schon mühsam genug.
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Peter Ostry
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Re: was analoge kompressoren besser machen

Beitrag von Peter Ostry »

JP_ hat geschrieben:Eine ähnliche Beobachtung hatte ich beim Mastering, auch mit einem IIR-EQ-PlugIn, gemacht; ein 6dB-Hochpass bei ca. 20Hz hat das Material in den Hochmitten/Höhen leicht harsch gemacht.
Im ersten Screenshot die Kurve für ein einfaches biquad Filter (= 2. Ordnung) mit einem 20 Hz Hochpass, wie es ein Plugin üblicher Weise zeigt, meist ohne auf die Filtercharakteristik einzugehen:

Bild

Schaut nett und richtig aus, aber wenn sich der Filtertyp ändert stimmt das alles nicht mehr. Einen 20 Hz Hochpass hat man gerne steil, Chebichev-1 bietet sich z.B. an. Das hat eine sehr steile Transition und die Ripples kann man definieren. Untenstehend ein Chebichev-1 Filter 5. Ordnung mit einer etwas übertriebenen Einstellung:

Bild
Das Objekt "cascade~" im Screenshot enthält eine Serie von biquad Filtern.

Du hattest nur einen 6 dB Hochpass, aber wenns blöd hergeht, der Filtertyp gar nicht passt und das Material empfindlich ist, kann man mit einem simplen, tief angesetzten Hochpass erleben, dass es obenrum harsch wird.

——

Offenbar auch zu diesem Thread passend (von dem ich nur die Hälfte verstehe), ist das was sich unterhalb der Hörschwelle tut. Die folgenden Screenshots zeigen alle einen Tiefpass bei 1000 Hz:

Die harmlose Version, Butterworth:
  • Bild
Dasselbe mit einem herrlich steilen Chebichev-1 Filter, ein bisschen übertrieben bei der Ripple-Einstellung um den Betrachter zu erschrecken:
  • Bild
Als letzte die zahmere Version, Chebichev-2. Weniger steil, Ripples sind weg. Ich habe nur -72 dB Unterdrückung eingestellt. Das war gemein, aber macht klar, wie schnell z.B. durch nachfolgende Kompression oder brutales Limiting (alles rauf bis wumms) ungute Töne hörbar werden können. Hier stimmt übrigens nicht einmal die Grenzfrequenz mehr, die muss der Programmierer anhand der Reglerstellung kompensieren:
  • Bild
Der beliebte Satz "shit in, shit out" sagt zu wenig, es sollte heißen "shit in, double shit out", denn durch angebliche Korrekturen kann der Sound ordentlich durcheinandergebracht werden.

——

Ich beschäftige mich mit diesen Sachen aus reinem Interesse und ohne
großes Fachwissen, in die Praxis setze ich nur zwei Erfahrungen um:

1. Finger weg von supersteilen Filtern.
2. Die gute, auf das Stück abgestimmte Aufnahme ist der Weg, nachträgliche Zerstörung zu minimieren.
Es ist ein Brauch von alters her:
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Re: was analoge kompressoren besser machen

Beitrag von JP_ »

Peter Ostry hat geschrieben:Einen 20 Hz Hochpass hat man gerne steil.
warum? Weil 'cut' impliziert, es gibt einen Durchlassbereich und einen, den man weghaben will. Mir hat sich der Sinn nach steilen Filter nie erschlossen (ausser im Sounddesign durch den Resonanzbuckel). 95% aller die steile Filter bei 20Hz einsetzen, hören doch deren Artefakte (Phase zB), nicht das Ausblenden der Freq unter 20Hz. Selbst ein DC-Filter bei 5Hz. ist oft ein flaches.
Dieganze Idee kommt doch von einem wagen Sicherheitsbedürfnis, dass Freq X nur Prozess B oder Lautsprecher W "unnötig" belasten würde. Oftmals reines guess-working, wie so oft in der Audiobearbeitung...

Du hattest nur einen 6 dB Hochpass, aber wenns blöd hergeht, der Filtertyp gar nicht passt und das Material empfindlich ist, kann man mit einem simplen, tief angesetzten Hochpass erleben, dass es obenrum harsch wird.
warum denn, was ist deine Erklärung dafür?


1. Finger weg von supersteilen Filtern.
Wobei das hier ja nur bedingt reinspieklt, wenn ichs richtig verstanden habe
2. Die gute, auf das Stück abgestimmte Aufnahme ist der Weg, nachträgliche Zerstörung zu minimieren.
[/quote]Binsenweisheit... :lol: Bringt einen halt in Mix oder Mastering nur äusserst bedingt weiter.
Wenn es Filter gibt, die zur Harscheit neigen und welche, die es nicht tun, dann ist die Entscheidung ja ne leichte.
Es geht ja hier eher um unzureichend programmierte Software, von der es anscheinend immer noch mehr als genug gibt. Ein renommierter Name und entsprechende Besprechungen in Magazinen und Foren sind kein Garant für eine artefaktarme Umsetzung.
Für mich persönlich ist das sehr ärgerlich, gerade auch weil ich Digitaltechnik oftmals auch in automatisierten Batchprozessen einsetze, die man nicht alle in Echtzeit und mit 100% Konzentration gegehört und von denen man eigentlich auch grösstmögliche Transparenz erwartet. Sehr ärgerlich wenn einem so ein Eingriff die vorherige sorgfältige Arbeit versaut... Ist mir, im Gegensatz zu analoger Bearbeitung, leider schon zu häufig passiert und hat mein Vertrauen in die moderne Digitaltechnik doch nachhaltig erschüttert (ich bin ja eigentlich nicht mehr mit analog aufgewachsen und hab auch jahrelang 100% ITB gearbeitet...).
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Re: was analoge kompressoren besser machen

Beitrag von Peter Ostry »

Peter Ostry hat geschrieben:Einen 20 Hz Hochpass hat man gerne steil.
JP_ hat geschrieben:warum?
Mit "man" hab ich die Anderen gemeint. Die, die immer alles falsch machen :mrgreen:
JP_ hat geschrieben:Dieganze Idee kommt doch von einem wagen Sicherheitsbedürfnis, dass Freq X nur Prozess B oder Lautsprecher W "unnötig" belasten würde.
Sehe ich auch so. Habe vor einiger Zeit alte Jazzaufnahmen, die mir richtig gut gefallen, im Analyzer angeschaut. Wow! Auf diese entfesselten Tiefen würden heute viele Leute gleich drei Lowcuts übereinander draufpappen, "weil das nicht sein darf".
Peter Ostry hat geschrieben:... kann man mit einem simplen, tief angesetzten Hochpass erleben, dass es obenrum harsch wird.
JP_ hat geschrieben:warum denn, was ist deine Erklärung dafür?

Eine Erklärungsversuch ist in dem zweiten Screenshot oben. Hier nochmals:

Bild

Wenn bei einem Hochpass 5. Ordung (wie im Beispiel) der Wirkungsbereich ganz anders liegt als man dem Filter erlauben möchte, gehe ich davon aus, dass der Effekt auch bei einem flacheren Filter, natürlich vermindert, auftreten kann. Das jetzt im Detail zu testen ist mir zuviel Arbeit und wahrscheinlich fehlen mir auch die technischen Mittel und das Wissen dafür. Aber offensichtlich gibt es je nach Filterdesign Vorgänge, die wir uns so nicht wünschen.
Peter Ostry hat geschrieben:1. Finger weg von supersteilen Filtern.
JP_ hat geschrieben:Wobei das hier ja nur bedingt reinspieklt, wenn ichs richtig verstanden habe
Ja, nur bedingt. Du hast eine Situation angetroffen, wo schon ein 6 dB Hochpass Blödsinn gemacht hat. Wenn du schon sagst, dass der Effekt bei deinem Material subtil war, wird man mit Messungen in dem Grenzbereich nicht weit kommen, schon wegen der Testsignale. Dann schaut man sich halt Extreme an und versucht Rückschlüsse zu ziehen.
JP_ hat geschrieben:2. Die gute, auf das Stück abgestimmte Aufnahme ist der Weg, nachträgliche Zerstörung zu minimieren.
Peter Ostry hat geschrieben:Binsenweisheit... :lol:
Jo. Binsenweisheiten sind super. Man weiß schon von den Großeltern, dass es dagegen kaum Argumente gibt :P
JP_ hat geschrieben:Wenn es Filter gibt, die zur Harscheit neigen und welche, die es nicht tun, dann ist die Entscheidung ja ne leichte.
Es wäre eine leichte Entscheidung, wenn wir wüssten welche Filter in einer Software wie eingesetzt werden. In meinem Beispiel (Max/MSP) hatte ich nur wenige Typen zur Verfügung und die sind ziemlich genau beschrieben, es gibt aber viel mehr. Eine Möglichkeit wäre, die Kirche im Dorf zu lassen und z.B. für einen Hochpass nichts Stärkeres als Butterworth zu verwenden. Ausreichend steil, bei höherer Ordnung Überschwingen, aber harsch wird nichts.

Ich will mich da aber nicht zu weit aus dem Fenster lehnen, die Zusammenhänge sind sehr komplex. Es gibt noch das group delay von 3 bis mehr als 20 Samples und was weiß ich was noch alles, das den Ton beeinflussen kann.
JP_ hat geschrieben:Es geht ja hier eher um unzureichend programmierte Software, von der es anscheinend immer noch mehr als genug gibt.
Christian sagt ja, da würde viel falsch gemacht. Es ist halt eine Kombination aus den Fähigkeiten der Programmierer, den Eigenschaften eines Softwaredesigns inkl. Ausrichtung auf den Markt und technischen Gegebenheiten.

Wenn man einen simplen Hochpass braucht, dauert die Programmierung mit vorhandenen Werkzeugen ein paar Minuten. Will man einen Filter mit speziellen Eigenschaften, kann das Tage oder Wochen dauern. Das Konstrukt wird komplizierter, die Fehlermöglichkeit wird erhöht und man läuft Gefahr, viel Zeit mit der falschen Idee zu verplempern. Ob großer oder kleiner Entwickler, die falsche Idee bleibt dann drin oder man verwirft sie und nimmt wieder die einfachste Lösung. Hartnäckige Idealisten sind selten.
JP_ hat geschrieben:Für mich persönlich ist das sehr ärgerlich, gerade auch weil ich Digitaltechnik oftmals auch in automatisierten Batchprozessen einsetze, die man nicht alle in Echtzeit und mit 100% Konzentration gegehört und von denen man eigentlich auch grösstmögliche Transparenz erwartet. Sehr ärgerlich wenn einem so ein Eingriff die vorherige sorgfältige Arbeit versaut...
Was wäre eine Lösung für diesen Workflow? Aus meiner heutigen Sicht nur, die Anzahl der Plugins auf ein Minimum verlässlich funktionierender zu reduzieren. Der Rest ist teures Spielzeug. Vielleicht ändert sich das, aber derzeit zwingt man uns zu vorsichtig ablehnender Denkweise.

Die andere Lösung kennen wir: Hardware verwenden, mit allen Vor- und Nachteilen. Wenn ein Kompressor innerhalb seiner Regelbereiche zu oft aussteigt, wird er nicht gekauft. Der Hardwareentwickler bewegt sich von Haus aus eher auf der sicheren Seite, weil er sonst sein Produkt gefährdet. Kosten und Handling sprechen gegen Hardware, aber es sieht danach aus, dass wir uns das bei gewissen Ansprüchen nicht immer aussuchen können.
Es ist ein Brauch von alters her:
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