tonale Musikverhörer

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SG2
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tonale Musikverhörer

Beitrag von SG2 »

Hallo zusammen,

ich habe mal eine ungewöhnliche Frage, auf die ich eine Erklärung habe, die ich aber erstmal nicht verraten möchte, um eure Antworten nicht zu beeinflussen. Seht es mir nach ;)

Mir passiert es häufiger, dass ich im Auto (unabhängig welches Auto, meist auf Schnellstraßen/Autobahnen) Musik höre und mir sicher bin, die Tonart korrekt zu hören.

Irgendwann im Verlauf des Songs (beispielsweise nach dem Intro) "korrigiert" sich dieser Eindruck und es fühlt sich für mich so an, als habe sich die Tonart geändert. Natürlich ist dem nicht so, sondern ich höre die Tonart zunächst falsch.

Die Frage ist natürlich, woher das kommt. Wie schon verraten habe ich eine Idee, wie das zustande kommt und die möchte ich auch nicht für immer für mich behalten. Mich interessiert aber ob es euch auch so geht und ob ihr euch/ mir das "Phänomen" erklären könnt.
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Axel
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Re: tonale Musikverhörer

Beitrag von Axel »

Ich glaube, ich weiß, was Du meinst. Das kenne ich auch... für mich übersetze ich es mit "dissoziativem Hören". Letztlich ist es die Fähigkeit, Obertöne unabhängig von ihren Grundtönen zu hören- oder die Unfähigkeit, diese unbedingt zusammen, also assoziiert zu hören. Im Auto, einem Ort mit vielen Geräuschen tragen sicher auch Überlagerungen zu dieser Empfindung bei.
Jedenfalls ist das der Reim, den ich mir drauf mache :)
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SG2
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Re: tonale Musikverhörer

Beitrag von SG2 »

Das ist auch ein Teil meiner Erklärung. Den zweiten Teil meiner Erläuterung hast du angeschnitten aber da habe ich noch etwas mehr Details im Kopf... :mrgreen:
Geheimagent
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Re: tonale Musikverhörer

Beitrag von Geheimagent »

Ich habe festgestellt, dass viele Sänger häufig das Problem mit mehrstimmigen Akkorden insbesondere add Akkorden den Ton korrekt zu treffen, spiele ich das gleiche als nur dreistimmigen Akkord, dann stimmen die Töne, auch wenn es Tonardwechsel gibt.
Jetzt tuckerst Du irgendwo mit einem Auto lang, und hörst eine Geräuschkollisse, vielleicht eine U-bahn, welche ein Geräusch in einem bestimmten Frequenzbereich erzeugt, das legt sich unter Deiner Musik unter, und entweder wirst Du irritiert, oder Du interpretierst dadurch den Grundton anders. Die Geräusche können sich ja auch ändern. Ein weiterer Grund wäre, Du bist nicht so konzentriert auf die Musik, wie auf den Straßenverkehr.
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muki
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Re: tonale Musikverhörer

Beitrag von muki »

> insbesondere add Akkorden den Ton korrekt zu treffen

afaik haengt das durchaus auch damit zusammen, dass unser tonsystem falsch ist
sprich die grosse terz viel zu hoch

wenn du acapella singst wirst du rein gefuehlmaessig automatisch die grosse ter richtig, also ca 14 cent (glaube ich) tiefer singen

prinzipiell, soweitichmallernte, wird man (im orchester) enharmonisch intonieren, also zB dis ist ungleich es
abhaengig von der tonart
variationen durch vibrato ausglaichen

SG2 meint aber glaube ich etwas anderes
duerfte auch vom motorengeraeusch, welches ja auch tonal ist, abhaengig sein, oder????
muki
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muki
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Re: tonale Musikverhörer

Beitrag von muki »

ist zwar etwas anderes, aber trotzdem:

beeindruckend finde ich ja immer diese zwei youtuber:

https://www.youtube.com/watch?v=EH2JBxdQK3Y

und hier ein teil der erklaerung:

https://www.youtube.com/watch?v=816VLQNdPMM

beato hat unzaehlige entsprechende video und erklaert auch, wie man es lernen kann
also, wenn jemand nachwuchs erwartet, kann man da was machen ;-)
muki
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spocintosh
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Re: tonale Musikverhörer

Beitrag von spocintosh »

Beato rulez. Mal einer, der eigentlich überhaupt nie Müll redet.
Hab ich mich totgelacht bei seinem Apple rant...unbedingt sehenswert.

Zu der Frage oben hab ich anzumerken, dass im Auto einfach meist das Fundament fehlt. Bass ist nicht hörbar, meist wegen der Kombination untauglicher Lautsprecher mit Übertönen durch Motor- und Rollgeräusche. Das leitet mich auch oft in die Irre, manchmal hab ich das Phänomen sogar umgekehrt, höre also Songs, die ich gut kenne, plötzlich anders. Meist löst sich das dann spätestens im Chorus auf - und dann komm ich auch ums Verrecken nicht wieder zurück ins "Falschhören".
Das ist ein bisschen so wie falschen Beat hören, wenn ein Song eingefadet wird oder zu spät einsetzt und man dann die Eins an falscher Stelle verortet.
Ich muss dann immer lachen, wenn ich ganz stumpf ein paar Takte lang einen Song nicht erkannt habe, nur weil ich irgendwie volle Lotte antizyklisch schwinge und sich das Ganze dann mit einem großen Stolperer meinerseits plötzlich auflöst... :lol:
"The greatest obstacle in the advancement of science is the illusion of knowledge - the notion that one already knows the answers."
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Re: tonale Musikverhörer

Beitrag von Geheimagent »

muki hat geschrieben: 27 Dez 2019 - 21:23 SG2 meint aber glaube ich etwas anderes
duerfte auch vom motorengeraeusch, welches ja auch tonal ist, abhaengig sein, oder????
Ich meine zwar nicht nur die Motorengeräusche, doch Frequenz = Ton
Geheimagent hat geschrieben: 27 Dez 2019 - 21:11 ... ein Geräusch in einem bestimmten Frequenzbereich erzeugt, das legt sich unter Deiner Musik unter, und entweder wirst Du irritiert, oder Du interpretierst dadurch den Grundton anders. Die Geräusche können sich ja auch ändern.
Motorgeräusche ändern sich ja auch durch das Tempo.
Was nicht vergessen werden darf ist, dass die Wahrnehmung eben relativ ist, deswegen zitiere ich mal
Victor Wooten hat geschrieben:"In diesem Buch
kann allesfalsch sein. Dann allerdings ist das richtig so!"
aus "Music Lesson"
https://www.amazon.de/Music-Lesson-Spir ... 922&sr=8-1
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reiztrigger
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Re: tonale Musikverhörer

Beitrag von reiztrigger »

evtl. was ähnliches:
bei gigs mit coroner ist es mir ein paar wenige male passiert, dass ich plötzlich dachte, ich hätte irgend ein midi-transpose problem in mainstage.
war kurz geschockt und überzeugt, dass meine sounds alle so ca. einen halbton daneben waren.
das war aber nie wirklich der fall. ok, verzerrte gitarren und vielleicht eine schlechte abhöre auf der bühne können das hirn schon mal durcheinander bringen,
aber trotzdem seltsam...
cheers
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Re: tonale Musikverhörer

Beitrag von SG2 »

Ich denke die ganzen Antworten gehen in die gleiche Richtung wie mein Denkansatz. Danke für die Anregungen.

Hauptsächlich dachte ich auch an Maskierungseffekte die mir die Grundtöne verschleiern, Obertöne als falsche Grundtöne übriglassen und ich mir den Song drumherum "zurechtdenke".

Tatsächlich ist es mir auch schon wie von spocintosh erwähnt passiert dass ich rhythmisch etwas anderes dachte als am Ende tatsächlich gemeint war. Manche Songs spielen ja sogar bewusst damit (beispielsweise die dann auf 3 anfangen um dir ne falsche 1 zu liefern), was ich eigentlich ganz geil finde ;)

Auch bei Liveauftritten ist mir das ein, zweimal passiert, wie von reiztrigger erwähnt - in meinem Fall war es eben auch eine schlechte Abhörsituation...
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Saxer
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Re: tonale Musikverhörer

Beitrag von Saxer »

Ich hatte es auch live schon mal, dass ich eine Quinte daneben lag. Also den ersten Oberton als Grundton gehört habe. Irgendwann kommt der „Ooops“-Effekt und man liegt wieder richtig. Hängt wirklich oft an der Abhörsituation, wenn Bässe fehlen oder im Raum umher matschen, laute Umgebung oder indirektes Monitoring.
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