moll quintparallele ?

Instrumente/ Instrumentenkunde, Arrangement/Songwriting, Musik Wissenschaft & Geschichte

Moderatoren: hugoderwolf, Mods

Antworten
r.staettler
König
Beiträge: 766
Registriert: 29 Aug 2003 - 15:31

moll quintparallele ?

Beitrag von r.staettler »

hallo ihr ausgebildeten kompositionsprofis..

beim hören von filmmusik (aber auch romantischer klassik) fällt mir ein harmoniewechsel immer wieder auf.. von moll 4 halbtöne rauf (oder runter) in MOLL.. poprock-gewöhnt erwartet man ja 4 halbtöne runter DUR (dürfte dann quintparallele heissen ?)
hat dieser wechsel eventuell einen namen ? welche literatur befasst sich mit "derartigen" harmoniewechseln ?

danke & grüße
Benutzeravatar
SFriedrich
Lebende Forenlegende
Beiträge: 1647
Registriert: 12 Sep 2003 - 15:01
Logic Version: 0
Wohnort: Wien

Re: moll quintparallele ?

Beitrag von SFriedrich »

r.staettler hat geschrieben:hat dieser wechsel eventuell einen namen ? welche literatur befasst sich mit "derartigen" harmoniewechseln ?
Dieses Gebiet der Harmonik nennt man (nach Schönberg) Mediantik

Der Begriff bezeichnet allegemein Akkordverbindungen im Terzabstand, und eben: sehr oft solche, welche den Rahmen einer Dur- o. Molltonart sprengen.

Bei Messiaen gibt es einige Skalen, in denen solche Akkordverbindungen sich natürlich aus der Skala ergeben.
Solche Skalen sind:

a.) Ganzton -Halbton:

C-D-Eb-F-F#-G#-A-H

b.) Halbton- Ganzton:

C-Db-Eb-E-F#-G-A-Bb

c.) dann die folgende Sechstonskala:

C-Eb-E-G-G#-H


bei a.) gibt es die folgenden Möglichkeiten

hmoll-dmoll-Fmoll-Abmoll

oder: HDur-DDur-FDur-ABDur


bei b.) analog:

Cmoll-Ebmoll-F#moll-Amoll

oder: CDur-EbDur-F#Dur-ADur


und bei c.):

c-moll- e-moll- Ab-moll (also der von dir erwähnte Fall!)

sowie:

C-Dur- E-Dur- Ab-Dur


Außerhalb dieser Skalen, d.h. in gewöhnlichen tonalen Zusammenhängen kommen diese Akkordverbindungen seit der (späteren) Romantik immer wieder häufig vor:
etwa bei Bruckner, Wagner etc.

In die Filmmusik gekommen sind sie über Komponisten wie etwa
Miklós Rózsa oder Erich Korngold bzw. deren Schüler

Diese Akkorde eignen sich sehr gut, um auf wohlklingende Weise aus einem tonalen Kontext "herauszutreten", ohne wirklich eine Modulation auszuführen.

Hoffe, mal für´s erste etwas geholfen zu haben.

Grüße:
Sigi

P.S. wie kommst du auf den Ausdruck "Quintparallele"?
r.staettler
König
Beiträge: 766
Registriert: 29 Aug 2003 - 15:31

Beitrag von r.staettler »

vielen dank, sehr informativ!

hast du vielleicht noch einen tipp für einen "popmusiker" welche wechsel "wohlklingend aus dem kontext treten" ?
Benutzeravatar
SFriedrich
Lebende Forenlegende
Beiträge: 1647
Registriert: 12 Sep 2003 - 15:01
Logic Version: 0
Wohnort: Wien

Beitrag von SFriedrich »

r.staettler hat geschrieben:hast du vielleicht noch einen tipp für einen "popmusiker" welche wechsel "wohlklingend aus dem kontext treten" ?

Na ja, das ist so eine Sache mit tonartfremden Akkorden in der Popmusik:
sie können extrem geil klingen, tun es aber nur dann, wenn sie wirklich passen.
D.h. sie klingen zumeist dann am besten, wenn sie wirklich als zwingend erscheinen.

Die genannten Medianten gehen oft sehr gut; gerade in Beatles Songs gibt es zahlreiche Fälle für interessante mediantische Wendungen.

Von C aus sind dies etwa Wechsel wie:

C - Eb - F (-G oder C o. sonstwas) (immer Dur-Akkorde!)

C - Ab - Bb - C

letzteres Beispiel klingt besonders plausibel, wenn du im Voicing das C zuoberst hast u. es da beibehältst.
Dann hast du beim Bb Akkord natürlich einen Bbadd9, aber das klingt durchaus gut.

Wenn du von C aus die Medianten E oder A verwendest, werden die in der Regel als Zwischendominanten aufgefaßt:
d.h. E würde nach A-moll gehen, A nach D moll.

Ansonsten gibt es natürlich noch sehr viele andere Möglichkeiten, das ganze läßt sich auch auf moll übertragen, d.h. etwa

cmoll- Abmoll - cmoll etc.

Zum Ausprobieren kannst du auch mal versuchen, einen Ton liegenzulassen u. zu überlegen, in welchen Akkorden er vorkäme u. dann mal diese auszuprobieren. Wenns gut klingt, ist es gut; wenn´s scheiße klingt, ist alle Theorie vergebens.
:wink:

Grüße:
Sigi
"Man muß sehr viel von einer Sache verstehen, um begreifen zu können, daß man von dieser Sache eigentlich doch kaum was versteht."
Antworten