Skalen, Harmonielehre und Akkorde

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ringi1970
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Skalen, Harmonielehre und Akkorde

Beitrag von ringi1970 »

Ich hatte gestern Abend nach der Probe am Tresen eine lange interessante Diskussion mit meinem Leadgitarrist als wir es von Pentanonischen Skalen etc. hatten.

Jetzt muss ich hier mal paar Fragen loswerden:
Nehmen wir mal an wir reden von A-Dorisch
Ich behaupte: wenn man A-Dorisch spielt, dann spielt man doch auf der Gitarre nichts anderes als die G-Dur Tonleiter, spielt aber von A bis A.
Da dies so ist habe ich ihm gesagt, dann kann man ja in dem Fall getrost die e-Moll Pentatonik benutzen.
Er widerum behauptet "nein, du musst dann schon A-Dorisch spielen"
häää? :wink:
Wie jetzt? A-Dorisch sind doch die Töne der G-Dur Tonleiter. ergo kann ich doch die e-Moll Pentatonik zur Improvisation benutzen?
Oder bin ich komplett auf dem falschen Dampfer?

Desweiteren sind wir auf einen Akkord gestossen am Anfang von "Woman to Love" von Paul Thorn.
Der geht: D-Fis-Ais-D
Wie nennt man den? D5+ oder so...?

Grüsse vom Bodensee
Ringi
"Those in the cheaper seats...please clap your hands, and the rest of you can rattle your jewelry." John Lennon, 1963 (Royal Variety Performance)
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Clemens Erwe
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Re: Skalen, Harmonielehre und Akkorde

Beitrag von Clemens Erwe »

Diese Skalengeschichte ist so eine Sache, mit der ich mich einfach nicht anfreunden kann.
Was bei einer Improvisation an Tönen "erlaubt" ist, entscheide ich als Improvisateur. Da können Skalenfremde Töne, Halbtonvorhalte, Reibungen oder auch (tonal) langweilige Wiederholungen (aber vielleicht mit rhythmisch interessanter Variation) angesagt sein.

Zum Akkord: Das ist ein übermäßiger Akkord - wird idR. entweder als D+ (das Pluszeichen hochgestellt) oder Daug (augmented= erhöht) bezeichnet.

Clemens
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Saxer
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Re: Skalen, Harmonielehre und Akkorde

Beitrag von Saxer »

klar geht auch E-moll pentatonik über A-moll (dorisch). du hast dann allerdings den ton C nicht mit drin, bringst dich also um die terz... aber was soll´s, ist ja deine improvisation... da kannst du doch weglassen, was du willst. A-moll pentatonik geht auch (da ist das C mit drin, dafür kein H)... oder beides im wechsel. beide pentatoniken enthalten nur töne aus der A-dorischen skala.

und D-F#-A# ist klassisch gesagt ein übermäßiger akkord mit der um einen halbton erhöhten quinte... macht einfach mehr spannung. im gängigen pop-musik-zusammenhang meistens bei dominanten anzutreffen, also D7(+5) als dominante von G-moll oder G-dur.
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Huck Fleysch
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Re: Skalen, Harmonielehre und Akkorde

Beitrag von Huck Fleysch »

Die Frage ist doch nicht, was du spielst, sondern, was du letztendlich hörst. Wenn du a-moll mit großer Sexte spielst, klingt es Dorisch, von welchem Ton aus betrachtet man es auch benennt. Pentatonische Skalen haben aber nur 5 Töne, dein Gitarrist meint eigentlich, dass dir 2 Töne fehlen.

G-Ionisch
A-Dorisch (moll-Pentatonik-Pattern möglich, aber gerade dann fehlt die die "dorische 6.", das F#)
H-Phrygisch (diese Pentatonik müsste auch gehn, mit F#)
C-Lydisch
D-Mixolydisch
E-äolisch (also E Pentatonik, auch ohne "dorische" Note F#)
F-Lokrisch (keine reine Quinte-> kein standard pentatonik-pattern)

Bitte steinigen, falls mein zermatschtes Hirn was Falsches hier postet.
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Re: Skalen, Harmonielehre und Akkorde

Beitrag von Steinway »

Clemens Vill hat geschrieben:Diese Skalengeschichte ist so eine Sache, mit der ich mich einfach nicht anfreunden kann.
Was bei einer Improvisation an Tönen "erlaubt" ist, entscheide ich als Improvisateur. Da können Skalenfremde Töne, Halbtonvorhalte, Reibungen oder auch (tonal) langweilige Wiederholungen (aber vielleicht mit rhythmisch interessanter Variation) angesagt sein.
Können Skalen nicht auch als Anregung gesehen werden, sich neue tonale Landschaften zu erschließen - den eigenen musikalischen "Wortschatz" zu erweitern ?
Der "Improvisateur" entscheidet mit der Hand und dem Kopf.

Gruß aus dem Bergischen
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Clemens Erwe
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Re: Skalen, Harmonielehre und Akkorde

Beitrag von Clemens Erwe »

Wenn ich in dem Bild der Landschaft bleibe:

Denken wir uns einen schönen Garten. Mit ganz verschieden gestalteten Ecken. Irgendjemand hat mitten durch den Garten ein Geländer gebaut und daneben Trittplatten verlegt. So kannst Du sogar mit verbundenen Augen - eine Hand am Geländer und mit tastendem Fuß - durch diesen Garten spazieren, ohne zu fallen.
Das ist für mich der Wert der Skalen - ein "Kennenlernhilfe" für fremde musikalische Landschaften.

Wenn Du diesen vorgefertigten Weg verlassen willst, musst Du andere Techniken anwenden. Augen (Ohren) auf - umschauen (-hören) - probieren, vor, zurück - und es entsteht was Eigenes.

Natürlich fällt man, wenn man schnell und virtuos improvisieren will auf Skalen oder Floskeln zurück - aber ich finde, sie sollten nicht das bestimmende Prinzip einer Improvisation sein.

Der Wert von Skalen bleibt aber unbestritten. Ich beschreibe ja auch nur meinen persönlichen Eindruck.

Clemens
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Saxer
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Re: Skalen, Harmonielehre und Akkorde

Beitrag von Saxer »

harmonielehre ist die grammatik der musik, damit macht man noch keine poesie.

trotzdem wird der gut gemeinte satz: "deine blauen augen ist so wunderschön" im entscheidenden moment wahrscheinlich eher nach hinten los gehen.

die harmonielehre beschreibt, was bereits da ist und was wir als tonal "musikalisch" empfinden. das ändert sich über die zeit und je nach stil und muss ggf angepasst werden, wie zb die skalentheorie in der heutigen form erst mit dem jazz aufkam. aber es ist keine anleitung zur kunst, sie erlaubt und verbietet nichts. sie bietet eine möglichkeit des systematischen erforschens... man kann also skalen in verschiedenen musikalischen kontexten "abklappern" und sich dabei der wirkung der einzelnen stufen bewusst werden... man muss natürlich kreativ hinhören. daraus entwickelt sich der pool, den man beim improvisieren und komponieren zur verfügung hat. je größer dieser pool ist, desto größer sind die ausdrucksmöglichkeiten.... wie der wortschatz in der sprache.

die theorie beinhaltet übrigens auch den umgang mit skalenfremden tönen, wechseltöne, vorhalte (chromatic approach), inside-outside-improvisation etc.
es geht also "alles", lass dir nicht einreden, du "dürftest" irgendwas nicht spielen weil es nicht in eine skala passt.
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hugoderwolf
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Re: Skalen, Harmonielehre und Akkorde

Beitrag von hugoderwolf »

Saxer hat geschrieben:harmonielehre ist die grammatik der musik, damit macht man noch keine poesie.

trotzdem wird der gut gemeinte satz: "deine blauen augen ist so wunderschön" im entscheidenden moment wahrscheinlich eher nach hinten los gehen.
Chapeau! Ich hätte nicht gedacht, dass man das so prägnant formulieren kann! ilike
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Notator
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Re: Skalen, Harmonielehre und Akkorde

Beitrag von Notator »

Ein F# ist immer richtig :))
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Dingo
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Re: Skalen, Harmonielehre und Akkorde

Beitrag von Dingo »

Saxer hat geschrieben:harmonielehre ist die grammatik der musik, damit macht man noch keine poesie.

trotzdem wird der gut gemeinte satz: "deine blauen augen ist so wunderschön" im entscheidenden moment wahrscheinlich eher nach hinten los gehen.
Saxer for Präsident. ilike
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